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Sonne für alle!

Energiewende für’s Veedel

Stell Dir vor, Du stehst auf einer Dachterrasse und Dein Blick schweift über die Dächer der Stadt. Die Morgensonne scheint und Du staunst über die riesige Fläche, die das Häuser-Meer vor Dir ausbreitet. Eine einfache Gleichung kommt Dir in den Sinn: Sonne + Dächer = Energie! Klingt wie eine Zukunftsvision? Während viele noch über die Energiewende nachdenken, ist man bei der Energiegewinner eG aus Ehrenfeld bereits einen Schritt weiter und baut Solaranlagen auf den Dächern Deiner Stadt.

Die Idee, die hinter den „Energiegewinnern“ steckt ist so einfach wie bestechend: Die Genossenschaft möchte möglichst vielen Menschen eine einfache und faire Beteiligung an Solarprojekten in ihrer eigenen Stadt oder Region ermöglichen. Diese soll langfristig dafür sorgen, die dezentrale Stromversorgung mit 100% erneuerbarer Energie voranzubringen.

Wenn man bedenkt, dass die tägliche Energiemenge durch Sonneneinstrahlung um das 10.000fache höher ist als unser Tagesverbrauch an Strom, dann liegt es auf der Hand, dieses Potential noch besser nutzbar zu machen. Ganz abgesehen davon, dass uns diese lebenswichtige Ressource fast auf dem gesamten Globus im Überfluss zur Verfügung steht – und zwar kostenlos.

Gemeinsam mit Kommunen, Vereinen, Religionsgemeinschaften, Initiativen und Firmenbelegschaften erzeugt die Energiegewinner eG Strom aus Sonnenenergie. Sie realisiert so genannte „Bürgersolaranlagen“, dies sind durch Bürgerbeteiligung finanzierte Photovoltaik-Anlagen.

Und wie funktioniert das jetzt genau mit dem eigenen Kraftwerk? Eine Photovoltaik-Anlage besteht aus vielen Solarmodulen. Diese kleinen Kraftwerke erzeugen einzeln und unabhängig voneinander Gleichstrom. Sie werden über ein Trägersystem, Kabel und Wechselrichter zu einer technischen Einheit zusammengefasst, die dann Wechselstrom ins Netz einspeist.

Als Mitglied der Genossenschaft ist man nicht zum Kauf von Solarmodulen verpflichtet, doch sie ist die Voraussetzung für deren Erwerb. Zusammen mit den Modulen der anderen Beteiligten entsteht ein gemeinsames Solarkraftwerk. Der produzierte Ökostrom fließt zusammen mit dem der Modulnachbarn ins Netz. Den Betrieb der Gesamtanlage und die Abrechnung der Stromlieferung übernimmt die Genossenschaft.

Die Mitglieder, die mit ihren eigenen Modulen Solarstrom erzeugen, werden ab 2014 ihre Erträge sogar auf einem Internetportal der Energiegewinner eG anschauen und selbst verwalten können. Die „Stiftung Neue Energie“ der GLS Treuhand hat das Konzept des Webportals und der Energie-Konten im Rahmen ihres Förderpreises „EnergieFAIRsorgung“ bereits 2012 ausgezeichnet.

Aber wozu eigentlich Strom selbst gewinnen? Leider sorgt die Technik von gestern für die Probleme von heute. Denn konventionelle Kraftwerke haben einen geringen Wirkungsgrad und sind neben dem Straßen- und Flugverkehr die Hauptverursacher von Umwelt- und Klimaschäden. So liegt es nahe, dass den Erneuerbaren Energien die Zukunft gehört.

Auf dem Schuldach um die Ecke sauberen Strom erzeugen

„Energiegenossenschaften spielen für eine dezentrale Energiewende eine immer größere Rolle. Mehr als 130.000 Mitglieder – davon 90 % Privatpersonen – haben bereits rund 1,2 Milliarden Euro in Bürgerkraftwerke investiert. Diese genossenschaftlich errichteten Bürgerkraftwerke erzeugen schon heute rund 580 Millionen Kilowattstunden Ökostrom und können damit rechnerisch jährlich den Strombedarf von 160.000 Haushalten decken“, wie die EnergieAgentur.NRW bekannt gibt.

Das Besondere an Bürgerenergieanlagen ist darüber hinaus, dass hier Deine Nachbarinnen und Nachbarn selbst die Stromerzeuger sind. Demokratischer kann Stromversorgung nicht sein. Die Mitglieder der Energiegewinner eG erwerben keine Anteile an einem Fonds, der irgendwo auf der Welt in Solarparks investiert, sondern sie werden selbst Eigentümer von Solarmodulen, die zum Beispiel auf dem Schuldach um die Ecke sauberen Strom erzeugen.

Eine Genossenschaft gehört ihren Mitgliedern, die Teilhaber und gleichzeitig Entscheider sind. Dies ist die einzige Rechtsform, die demokratische Mitsprache, wie man sie aus der Vereinsarbeit kennt, mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Kapitalgesellschaft verbindet. Geprägt von Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung erlebt sie seit Anfang der Jahrtausendwende eine blühende Renaissance.

Auch heutzutage vertrauen Genossenschaftsmitglieder über den wirtschaftlichen Aspekt hinaus auf ethische Werte, wie Ehrlichkeit, Offenheit, Soziale Verantwortung und das Interesse an anderen Menschen, wie die International Cooperative Alliance (ICA) erklärt, die eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet und über alle eingetragenen Genossenschaften weltweit wacht.

Angestoßen durch das „Erneuerbare Energien Gesetz“ (EEG) gründen sich besonders im Energiesektor neue Genossenschaften. Laut Deutschem Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. ist zu beobachten, dass mehr als die Hälfte aller Genossenschafts-Neugründungen derzeit im Bereich Energie, Umwelt und Wasser stattfinden.

Die Verbindung aus Energie und Nachbarschaft ist für alle ein Gewinn, und zwar weit über den finanziellen Aspekt hinaus!

  • Text: Dunja Karabaic