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In gutem Glauben

Führen und geführt werden

Der Mönch Anselm Grün will einen Wertewandel in der Managementkultur schaffen.Dank seiner Unterstützung hat es Unternehmer Bodo Janssen bereits geschafft: weg von den rein betriebswirtschaftlichen Lehren hin zu einem menschen- und werteorientierten Unternehmen.

Pater Anselm Grün vom Team Benedikt

Die Geschichte vom Hotelier Bodo Janssen beginnt mit einer niederschmetternden Erkenntnis: Seine Angestellten wollen einen anderen Chef als ihn, so das Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung. Die Stimmung im Familienunternehmen ist schlecht, der Krankenstand und die Mitarbeiterfluktuation sind hoch. Janssen, damals Mitte Dreißig, führt das Unternehmen klassisch im Sinne der betriebswirtschaftlichen Theorien: Gewinnmaximierung, Führung durch Zielvereinbarungen sowie Steigerung der Effizienz und Qualität stehen über allem. Der Manager glaubt, eigentlich alles richtig zu machen. Doch bei seinen Mitarbeitern ist er teilweise gefürchtet, selten geschätzt.

Nur wer sich selbst führen kann, kann auch andere Führen.

Der Schock sitzt tief. Janssens Konsequenz ist radikal. Er geht für eineinhalb Jahre regelmäßig ins Kloster. In der Abtei Münsterschwarzach (bei Würzburg) lernt er Benediktinerpater Anselm Grün kennen – die Stille und sich selbst. Kein Wort, kein

Räuspern, nur die eigenen Atemzüge, die eigenen Gedanken. Ein Zustand, den der umtriebige Manager zunächst kaum aushält. Doch er gewinnt die Lust, an sich selbst zu arbeiten.

In seinem Buch „Die Stille Revolution“ schreibt Janssen rückblickend, dass ihn während verschiedener Seminare im sogenannten Team Benedikt vor allem Kernsätze wie „Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen“, „Führung ist Dienstleistung“ oder „Wer anderen dient, dient sich selbst“ nachdenklich machen. Die klösterliche Wertekultur der Benediktiner, die von Demut, Dankbarkeit und Disziplin geprägt ist, verstärkt die Einsicht.

Pater Anselm Grün hat das Kursprogramm „Führen und geführt werden für Menschen in beruflicher Verantwortung“ mitentwickelt. Der Name Team Benedikt steht für die Orientierung an benediktinischen Traditionen. Praktisch schöpft das Team Benedikt auch aus anderen geistlichen Quellen wie dem Zen. Erklärtes Ziel von Team Benedikt: Menschen wie Bodo Janssen sollen in den Kursen ihr individuelles Potenzial entfalten und ihre Leistungsfähigkeit stärken. Arbeit soll demnach nicht rein wirtschaftlich sein, sondern menschlich, sie soll Sinn stiften und Freude machen. Das gilt gleichermaßen für Menschen mit und ohne Führungsverantwortung.

Dabei bezieht sich der Wertekanon von Team Benedikt auf das faire Miteinander und die persönliche Freiheit. Er umfasst die Achtsamkeit gegenüber Kollegen, Mitarbeitern, Führungskräften sowie die Toleranz und den offenen Umgang mit anderen Meinungen, Religionen und Weltanschauungen. Im Vertrauen auf das Gute im Gegenüber steht der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Danach lässt sich Wachstum und Erfolg für Organisationen nicht allein nach betriebswirtschaftlichen Maßgaben messen, sondern auf persönlicher Ebene.

Einfache Fragestellungen können dabei schon helfen: Hat mein Mitarbeiter die Freiheit gefunden, das zu leben, was ihm als Mensch wirklich wichtig ist? Konnte ich meine Mitarbeiter dabei unterstützen, stark und gesund zu werden?

Dass sich die persönliche Zufriedenheit positiv auf die Loyalität zum Unternehmen und zu den Kollegen auswirkt, gilt als erwiesen. Ebenso der positive Abstrahleffekt auf die betriebswirtschaftliche Wertsteigerung des Unternehmens. Im Pandemie-Jahr 2020 gehen resiliente Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmer häufig souveräner mit der Situation um. Denn, je bewusster sich Menschen ihrer selbst sind, desto unabhängiger fühlen sie sich von den äußeren Umständen.

Arbeit soll menschlich sein.

  • Text: Thomas Meurer
  • Fotos: ©Team Benedikt