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Made in China. Jetzt grün.

Ein Textilriese zeigt: Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit passen zusammen

Einerseits ist die Textil- und Bekleidungsindustrie ein Katalysator für Entwicklung und Industrialisierung.

Weltweit macht sie pro Jahr rund drei Billionen Dollar Umsatz; in manchen Herstellerländern wie Bangladesch gilt sie als Haupttreiber des Wirtschaftswachstums. Dort macht sie 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und 80 Prozent der gesamten Exporterlöse. Andererseits gilt die Textilindustrie als ökologische Sünderbranche. Die Gründe: massive Verletzungen gegen die Umwelt, giftige Chemikalien, ein enormer Wasserverbrauch und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen.

Dass Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und soziale sowie ökologische Ziele zusammenpassen, zeigt der in Hong Kong ansässige Großkonzern Esquel Group. Gegründet wurde der Betrieb für Hemden und Poloshirts 1978. Esquel produziert alles selbst, ohne Zukauf in der gesamten Produktionskette: beginnend beim Baumwollanbau in der westchinesischen Region Xinjiang, endend bei der Verschiffung fertiger Teile in die ganze Welt. Zu Esquels Kunden gehören unter anderem Marken wie HUGO BOSS, Lacoste und Tommy Hilfiger. Mit über 125 Millionen produzierten Oberteilen jährlich ist Esquel Chinas größter Hemdenexporteur, beschäftigt weltweit 57.000 Menschen und macht knapp 1,5 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr. Die Hälfte des Gesamtvolumens wird in China hergestellt – Esquel besitzt zudem Fabriken auf Mauritius, in Malaysia, Sri Lanka und Vietnam.

Esquel aims to be more than a shirtmaker

Vorsitzende des Konzerns und Gründertochter Marjorie Yang könnte mit ihrer Vision die Branche verändern: “Esquel aims to be more than a shirtmaker. I like to think of ourselves as pioneers, with the ability to demonstrate how to manufacture with a minimal impact on the environment“, schreibt sie im Vorwort zum firmeneigenen Nachhaltigkeitsreport. Esquel will ein Green Player werden – durch innovative Lösungen Energie einsparen, den Wasserverbrauch minimieren und den Emissionsausstoß reduzieren.

Von 2005 bis 2015 senkte Esquel bereits den Energieverbrauch um 43% – ein eigenes Wärmekraftwerk macht die Firma unabhängig von externen Stromquellen. In den Produktionsstätten haben viele Dächer Solarpanels, mit denen ein Teil der Maschinen – zum Beispiel in der Weberei – betrieben werden. Die Gebäude sind so konzipiert, dass sie viel Tageslicht reinlassen; wo dies nicht ausreicht, helfen effiziente LED Lichtsysteme.

Der Wasserverbrauch wurde im selben Zeitraum um 62% reduziert. Grund sind die Rückführung und Wiederverwendung von mehr als der Hälfte der Prozesswässer aus den eigenen Wasseraufbereitungsanlagen, die den Frischwasserverbrauch deutlich reduzieren. Beim Baumwollanbau setzt Esquel auf ressourcenschonende, biologische Verfahren. Für Jerseys werden heute schon alternative Rohstoffe aus nachhaltigen, zellulosischen Rohstoffen eingesetzt. Im firmeneigenen Labor wird außerdem zu natürlichen Färbeverfahren und alternativen Ausrüstungen, die die Kleidung pflegeleichter machen, geforscht.

Mit hohen Investitionen setzt Esquel seine Idee von der nachhaltigen Textilproduktion fort. Im südostchinesischen Guilin – einem von Chinesen sehr geschätzten Erholungsort mit viel Natur – entsteht auf einem 500.000 m² großen Areal die Fabrik der Zukunft. ”In one of China‘s most ecologically-senstive and treasured areas, we are creating a destination where industry, the environment and local communities can thrive together“, heißt es von Unternehmensseite. Das Modell erinnert eher an eine Museumsinsel als an ein Fabrikgelände. Obst und Gemüse für die Mitarbeiter werden auf den Gebäudedächern angepflanzt. Umgeben sind die Bauten von Seen mit Fischen und umliegenden Vögel-Brutstellen. Die Mitarbeiter können durch die Parkanlagen flanieren, Glasfassaden fluten die Gebäude mit Tageslicht und geben den Blick frei ins Grüne. Ab Frühjahr 2017 werden hier 9.000 Menschen leben und arbeiten.

Esquels Bestreben nach mehr Nachhaltigkeit und Transparenz folgt dem Bedürfnis vieler Händler. Die US-Outdoormarke Patagonia bietet ihren Kunden digitale “Footprint Chronicles“ an, um über jeden Schritt in der Lieferkette zu informieren. Diese Offenheit kann weiteren Firmen als Orientierung dienen, denn nie war der Wunsch nach mehr Informationen über Beschaffungs- und Entstehungsprozesse von Textilien auch auf Kundenseite größer.

Eine Baumwollpflanze auf der firmeneigenen Baumwollplantage in Xinjiang.
Die Weiterverarbeitung des Rohstoffs zu einem Garn in der firmeneigenen Spinnerei.
Die Modellansicht des neuen Firmengeländes in Guilin. Eröffnung im Frühjahr 2017.
  • Text: Thomas Meurer
  • Fotos: Esquel Group Limited